Ostern 2015 in Tiefenbach (05.04.2015)
„Ist der Tod das Ende – oder der Anfang?“

 
 
 

„Christus ist auferstanden, Halleluja!“
„Er ist wahrhaftig auferstanden, Halleluja!“

So grüßen sich bekennende Christen aller Konfessionen am Ostermorgen.
Das fröhliche, das österliche Lachen widerspiegelnde „Halleluja“ ist sicherlich leichter zu sagen als „ Christus ist auferstanden“.

An Ostern kommen wir in die Tiefe des christlichen Glaubens.
Es gibt keinen Beweis. Es gibt nur das hoffende Vertrauen.
Es gibt keine historische Dokumentation.
Es gibt die menschliche Vernunft, die noch nie erlebt hat, dass ein Toter „auferstanden“ ist. Und jetzt sollen wir glauben, dass ein Mensch, ein besonderer Mensch, jener Jesus von Nazareth auferstanden ist?

In der Sprache der Mathematik könnte man sagen:
Das Ostergeschehen ist das Axiom des christlichen Glaubens.
Ein Axiom in diesem Sinne bedarf weder eines Beweises, noch ist es einem Beweis zugänglich.
Auch wenn keine Pfarrer und Theologen - und sicherlich auch Bischof Oster nicht (welch ein schöner und programmatischer Name für einen Kirchenmann!) - beweisen können und wollen, dass und wie Jesus auferstanden ist, glauben unzählige Menschen seit 2000 Jahren ganz tief an die zentrale Botschaft des christlichen Glaubens.
Und schöpfen daraus unglaubliche Kräfte.

Dietrich Bonhoeffer, der am 09. April vor 70 Jahren als Gefangener des NS-Regimes aus dem Schulhaus in Schönberg abgeholt wurde, um nach Flossenbürg ins KZ gebracht und dort am Galgen gehängt wurde, sagte, als er abgeholt wurde:
„Dies ist für mich das Ende, aber auch der Anfang.“ 1
Aus dieser Hoffnung heraus hat Dietrich Bonhoeffer bis zum letzten Atemzug gelebt. In dieser Hoffnung ist er gestorben, am 09. April vor 70 Jahren.
Bevor Bonhoeffer an jenem 9. April 1945 in Schönberg den Mitgefangenen in einem zweiten Klassenzimmer eine Andacht halten konnte, wurde er abgeholt - auf den Weg in den Tod nach Flossenbürg. Er verabschiedetet sich mit einem Gruß an den Bischof von Chichester, George Bell: „Dies ist für mich das Ende, aber auch der Anfang. Mit ihm glaube ich an das Prinzip der universalen christlichen Gemeinschaft (brotherhood), welche größer ist als alle nationalen Interessen!“
Später sagte ein Mitgefangener, Prof. Latmeral, über ihn:
"Er hatte eine so feste Hoffnung, dass Gott durch Christus alles wiederbringen wird, alles vollbringen wird, dass nichts verloren gehen wird."
Am 09. April 1945 wurden am frühen Morgen Dietrich Bonhoeffer, Wilhelm Canaris, Ludwig Gehre, Hans Oster, Karl Sack und Theodor Strünck im Konzentrationslager Flossenbürg ermordet, kurz bevor die amerikanischen Truppen Flossenbürg erreichten, wenige Wochen vor dem 08. Mai, dem Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus. Ihr Leben wurde ausgelöscht, ihr Lebensweg abgebrochen, ihr Leben blieb Fragment. Ihr Zeugnis beschäftigt uns heute immer wieder.
„Mitten im Leben sind wir mit dem Tod umfangen.“ (Luther) Dies geschieht mitten unter uns, wenn Verwandte, Freunde und Nachbarn viel zu früh, beispielsweise durch Unfälle oder infolge von Krebs, sterben.

Aktuelles Beispiel z. Bsp. Flugzeugsabsturz BAR DÜS

Und doch:
Seit Ostern gibt es Hoffnung!
Seit Ostern gibt es Menschen, die Gott in der Tiefe ihres Herzens neu geschaffen hat zu Menschen der Hoffnung. Diese Hoffnung reicht über die Grenze des Todes hinaus. 2
Zu diesen Menschen können auch wir gehören, wenn wir uns immer neu Jesus und der Osterbotschaft anvertrauen.

„Dies ist das Ende – für mich der Anfang eines neues Lebens“ sagte Bonhoeffer beim Abholen in Schönberg.
Doch wie ging es weiter in seinem Kampf um Leben und Tod, um Glauben und Verzweifeln? Um die Spannung zwischen „Mein Gott
Mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ – „Der Herr ist auferstanden“!?

Ein Arzt (H. Fischer- Hüllstrung) aus Flossenbürg berichtet: "Durch die halbgeöffnete Tür eines Zimmers im Barackenbau sah ich vor Ablegung der Häftlingskleidung Pastor Bonhoeffer in innigem Gebet mit seinem Herrgott knien. Die hingebungsvolle und erhörungsgewisse Art des Gebetes dieses außerordentlich sympathischen Mannes hat mich auf das Tiefste erschüttert. Auch an der Richtstätte selbst verrichtete er noch ein kurzes Gebet und bestieg dann mutig und gefasst die Treppe zum Galgen. Der Tod erfolgte nach wenigen Sekunden. Ich habe in meiner fast 50jährigen ärztlichen Tätigkeit kaum je einen Mann so gottergeben sterben sehen."
Aus: W.-D. Zimmermann, Begegnungen mit Dietrich Bonhoeffer. Ein Almanach, München, 2. Aufl.1965, S.171f

„Gottergeben sterben“ – ein österlicher, von Ostern geprägter Traum.

Die Frage, die sich für jeden von uns stellt, ist:
Glaube ich an den auferstandenen Herrn Jesus Christus, der mit hilft, mein Leben als Vorbereitung für die Ewigkeit zu gestalten, oder
glaube ich, dass der Tod das letzte Wort über mein Leben hat?

Bonhoeffer hat sich im Gefängnis dieser Frage gestellt und unter der Überschrift "Todesvergötzung" folgendes geschrieben:

"Alles erraffen oder alles wegwerfen, das ist die Haltung dessen, der fanatisch an den Tod glaubt.
Wo aber erkannt wird, dass die Macht des Todes gebrochen ist,
wo das Wunder der Auferstehung und des neuen Lebens mitten in die Todeswelt hineinleuchtet, da verlangt man vom Leben keine Ewigkeiten, dort nimmt man vom Leben, was es gibt.
Nicht Alles oder Nichts, sondern Gutes und Böses, Wichtiges und Unwichtiges, Freude und Schmerz.
Dort hält man das Leben nicht krampfhaft fest, aber man wirft es auch nicht leichtsinnig fort.
Dort begnügt man sich mit der bemessenen Zeit und spricht nicht irdischen Dingen Ewigkeit zu.
Dort lässt man dem Tod das begrenzte Recht, das er noch hat.
Den neuen Menschen und die neue Welt erwartet man allein von jenseits des Todes her, von der Macht, die den Tod überwunden hat.
Der auferstandene Christus trägt die neue Menschheit in sich, das letzte herrliche Ja Gottes zum neuen Menschen.
Zwar lebt die Menschheit noch im Alten, aber sie ist schon über das Alte hinaus.
Zwar lebt sie noch in einer Welt des Todes, aber sie ist schon über den Tod hinaus.
Zwar lebt sie noch in eine Welt der Sünde, aber sie ist schon über die Sünde hinaus. Die Nacht ist noch nicht vorüber, aber es tagt schon."
Aus: D. Bonhoeffer, Ethik, München 1961 -posthum herausgegeben-, S.22f.
Und dass wir glaubwürdig und öffentlich Rechenschaft ablegen über die lebendige Hoffnung, zu der wir durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten wiedergeboren sind.
Gott sei Dank hat der Tod nicht das letzte Wort.
Gott sei Dank bleibt diese Welt nicht im Leid und Leiden stecken.
Gott sei Dank gibt es Frühling und Ostereier.
Gott sei Dank gibt es einen wunderbaren Sonnenaufgang nach dunkler Nacht.
Ich wünsche Ihnen die Kraft des Glaubens und Vertrauens, die über die Kraft des Verstehens geht.
Ich wünsche Ihnen – um Gottes willen – „Frohe Ostern“ oder wie Dietrich Bonhoeffer sagte:
„Wer Ostern kennt, braucht nicht verzweifeln“ Halleluja!